Dieser Text wurde uns mit freundlicher Genehmigung der Autorin Renate Wenzler von der Seelsorgeeinheit Konstanz-Petershausen zur Veröffentlichung frei gegeben. Sie finden ihn im Original unter folgendem
Link (externer Link):
https://www.petershausen.net/kompass-artikel/mann-des-monats-alois-schmid-1894-1940.html
Mann des Monats: Alois Schmid (1894 - 1940)
01.06.2015
“Schmid von Mindelheim”, Heilpraktiker, Gedenktag: 16. Juni
15 km südlich von Kempten liegt der kleine Weiler Hub. Am Ende des 19. Jahrhunderts hatte er gerade einmal 34
Einwohner, alle katholisch. Dort wurde Alois Schmid am 20. November 1894 geboren. Sein Vater bewirtschaftete
einen mittelgrossen Hof und der Junge verlebte trotz der armseligen Verhältnisse mit seinen elf Geschwistern eine
“sonnige Jugend”. In Rechtis (45 Gehminuten von seinem Heimatdorf entfernt) besuchte er die Volksschule und
obwohl er ein guter Schüler war, wurde er Melker bzw. Stallschweizer, wie man damals sagte.
Eine Predigt des Dorfpfarrers beeindruckte ihn damals tief. Der Geistliche sagte, jeder Getaufte dürfe segnen und
sei auch zum Segnen berufen. Durch den Segen würden die Kraft, die Liebe und der Schutz Gottes weiter
geschenkt. Man solle also viel segnen und alles segnen, was man benütze und besitze.
Schmid begann also zu segnen, u.a. auch seine Kühe, und er sagte sich, wenn ich segne, muss ich eng mit
Christus verbunden sein. Er fing also nicht nur an, häufig und regelmässig zu beten, das hatte er schon vorher
getan, sondern er ging jetzt auch einmal im Monat zur Beichte und empfing jeden Sonntag die heilige Kommunion.
Seine Altersgenossen waren befremdet und fanden ihn “bigottisch”. Aber als die Tiere, die Schmid versorgte, sich
immer bester Gesundheit erfreuten und prächtige Kälber zur Welt brachten, während auf anderen Höfen immer
wieder der Tierarzt gebraucht wurde, kamen seine Kumpel ins Grübeln. Schmid verriet ihnen sein “Rezept”: “Ich
segne”. Die Dorfbewohner waren so beeindruckt, dass sie ihn nicht nur zu ihren Tieren holten, wenn etwas nicht in
Ordnung war, auch die Kranken im Dorf nahmen bald seine Hilfe in Anspruch.
So ging das einge Jahre, doch allmählich wurde Schmid immer deutlicher klar, dass seine Aufgabe nicht die
Versorgung der Kühe, sondern die Sorge um die körperliche und seelische Gesundheit seiner Mitmenschen war.
Der 1. Oktober 1926 stellte eine Wende in seinem Leben dar. Schmid zog nach Mindelheim, mietete eine ärmliche
Dachkammer und befestigte ein Schild an seiner Zimmertür: Alois Schmid.
In der Stadt war der junge Mann zunächst noch völlig unbekannt, aber schon bald fanden ehemalige Bekannte den
Weg zu ihm, und so wurden allmählich auch Mindelheimer auf ihn aufmerksam. Ohne eigentliche Ausbildung eine
Heilpraxis zu eröffnen, war damals erlaubt, aber riskant. Aber Schmid war sich seiner Sache sicher. Er sah es als
seine Berufung an, “aus innerer Gnade übernatürliche Kraft nach aussen zu geben”. Wie zu erwarten wurde er
angezeigt und der “Gaukelei” angeklagt. Es kam zu einem Prozess, bei dem ein protestantischer Rechtsanwalt ihn
vertrat und seinen Freispruch erwirkte.
Danach nahm Schmid so schnell wie möglich an einem Ausbildungskurs zum Heilpraktiker teil und konnte von da
an einigermassen abgesichert seinen Beruf ausüben. Er vermochte nicht nur intuitiv körperliche Leiden zu
erkennen, sondern er hatte auch das Charisma, in die Seelen zu blicken, wo Blockaden, Verkrampfungen und nicht
eingestandene Schuld die Menschen krank machten. Dabei war er im Umgang mit anderen nicht immer sanftmütig,
sondern konnte ziemlich hart und direkt sein. Man nannte ihn auch den “Grobschmid von Mindelheim”.
Schon bald, nachdem sich Schmid in der Stadt niedergelassen hatte, kam ein Bäckergeselle zu ihm, eigentlich
ohne besonderen Grund. Der Heiler erkannte sofort, dass dieser zum Priester berufen war, und als der junge Mann
einige Wochen später selbst den Wunsch äusserte, Pfarrer zu werden, setzte Schmid alles daran, ihm diesen
Traum zu erfüllen. Unglaubliche Schwierigkeiten mussten überwunden werden, nicht zuletzt finanzielle. Schmid
übernahm sämtliche Kosten, obwohl er selbst Schulden hatte, und 1938 konnte der Neupriester seine Primiz in der
Basilika von Ottobeuren feiern.
Zwei Jahre später dann die Katastrophe: Der junge Geistliche war scheinbar unheilbar an Kehlkopfkrebs erkrankt.
Schmid eilte sofort an sein Krankenlager und als er zurückkam, sagte er nur: “Er ist gerettet”. Und der
Schwerkranke wurde tatsächlich gesund. Man glaubt, Schmid habe Gott sein eigenes Leben für das Leben seines
“Priestersohnes” angeboten. Denn einige Wochen später erkrankte Schmid an aggressiver Diabetes. Er wollte
keinen Arzt hinzuziehen und starb am 16. Juni 1940 im Kreise seiner engsten Freunde.
Renate Wenzler
Wissenswertes:
“Mann des Monats”