II. Antworten (1. - 4.)
Im Folgenden will ich endlich auf Alois Schmid zu sprechen kommen und die Antworten
heraussuchen, die er in seiner Zeit auf diese Fragen gegeben hat. Dabei spüre ich eines heute
immer deutlicher, obwohl ich mir dessen schon früher bewußt war: Ich bin im Schatten von Alois
Schmid aufgewachsen und habe viel gesehen und gehört, was mein Leben und mein Denken
beeinflußt hat.
Unsere Familie hat ja lange in seinem Haus gewohnt und wir sind ihm auf diese Weise täglich
begegnet. Ohne es zu beachten, war er die Autorität, die das, was wir von der Kirche, vom
Religionsunterricht und vom Priester gehört haben, wahr werden ließ, weil er uns in seinem Glauben
nahe war und ihn uns vorgelebt hat. Er war immer derjenige, auf den man ein wenig gehört hat und
der schließlich der Beweis war, dass das alles, was mit der Kirche zusammenhängt, richtig und wahr
ist. All das wird mir erst in den letzten Jahren so recht bewußt. Oft habe ich mir gedacht, es ist kein
Wunder, wenn viele nicht glauben, weil sie ja dieses Beispiel eines gläubigen Lebens gar nicht
gekannt haben. Vor allem beim Theologiestudium habe ich gesehen, wie schwer sich jene mit dem
Glauben tun, die niemand kennen, der einen echten und tiefen Glauben hat.
Damit will ich sagen, dass es lange Zeit möglich war, mit den geistigen Augen Alois Schmid zu
sehen, von anderen über ihn zu hören und über ihn nachzudenken. All das ist tief ins Bewußtsein
eingedrungen.
Dazu kommt noch etwas. Ich meine die Begegnungen mit denen, die von Alois Schmid geprägt
wurden. Es sind viele und sehr verschiedene Persönlichkeiten. Allen voran steht - abgesehen von
den Eltern - vor mir der unvergessene Josef Brunnhuber, mein Lehrer und später mein Firmpate. Mit
seiner Familie hält der enge Kontakt bis heute an. Ich könnte viele Namen nennen. Doch sei hier nur
unser verehrter und lieber Pfarrer und Dekan Heribert Gropper genannt, den ich von Kindheit an
kenne und dessen Glaube für mich in vieler Hinsicht bedeutsam geworden ist.
Man kann sagen, dass die Vielen, die Alois Schmid so begegnet sind, dass er sie prägen konnte,
irgendwie ein Spiegelbild seiner selbst sind, und dass man an diesen Prägungen das Gesamtbild
von Schmid mit der Zeit; klarer und deutlicher erkennen kann.
Doch nun zu einer Antwort auf die anfangs gestellte Frage: Wer war Alois Schmid? Die Frage läßt
sich sehr leicht und sehr kurz beantworten:
Alois Schmid war der große Laie und der große Theologe.
Seine Antworten geben Klarheit und Aufschluß auf die Fragen und Probleme unserer Zeit. Und je
größer die Probleme werden, desto deutlicher wird das, was Alois Schmid dazu gesagt hat,
verständlich sein. Man kann sagen: Alois Schmid hat nicht nur die Menschen geheilt, sondern auch
und vor allem die Theologie.
Der Beweis ist ebenso klar wie einfach: Worte, Taten und Leben war eine Einheit. Er hat mit seinen
Taten und seinem Leben bewiesen, dass seine Worte richtig sind, d.h. seine Theologie stimmt.
Wir tun also gut daran, seine Theologie näher anzusehen. Ich bin mir nun sicher, dass meine
Argumente stimmen, aber da viele der Anwesenden nähere und bessere Kenntnisse von diesen
Dingen haben, bitte ich nachher um Verbesserungen, um Klärungen, wenn die Aussagen nicht
deutlich genug waren und um Ergänzungen. Außerdem muß ich mich hier kurz fassen. Die
Probleme aber verlangen viel ausführlichere Erklärungen.
1. Der Hl.Geist
Alois Schmid hat von frühester Kindheit an gelernt, zum Hl. Geist zu beten und später hat er ganz im
Hl. Geist gelebt und gehandelt. Das ist schnell gesagt. Aber von der Eigenmächtigkeit bis zur
völligen Zurücknahme seiner selbst und bis zur Aufgabe des eigenen Willens ist ein weiter und
schmerzlicher Weg. Es ist freilich auch der Weg zum Licht. Und so ist der Weg und das Lebens von
Alois Schmid nur in diesem Lichte zu verstehen. Er hat auch uns gelehrt, im Hl. Geist zu leben und
und zu handeln.
2. Die Hl. Schrift
Er hat die Hl. Schrift im Hl. Geist gelesen und verstanden. So entdeckte er, dass jedes Wort in
diesem Geist geschrieben ist. Jedes Wort ist wichtig und jedes Wort ist ein Geschenk dieses
Geistes. D.h. man kann die Hl. Schrift nur so lesen und verstehen, wie sie geschrieben wurde: im Hl.
Geist. Dass er dann gleichzeitig ganz in diesem Hl. Geist leben muß, war für ihn klar.
Wehe uns, wenn wir heute versuchen, die Hl. Schrift in unserem Geist und zu unserem Ruhm
auszulegen.
Noch etwas muß hier betont werden: Wer ganz im Hl. Geist lebt, der lebt nicht mehr aus sich selbst -
was man ja eigentlich ohnehin nicht kann - sondern er lebt im Hl. Geist und handelt und spricht im
Hl. Geist. Und er lernt auch den Hl. Geist kennen, weil er in ihm ist und er kann von ihm reden.
Das also war das innerste Geheimnis von Alois Schmid, seine Verbindung zum Hl. Geist, die
einerseits ein Aufgeben der eigenen Person bedeutet, andererseits einen Neuaufbau der eigenen
Person und zugleich in einem bestimmten Sinn die Vollendung dieser Person. D.h. das, was der
Schöpfer in den Menschen hineingelegt hat, kommt erst voll zur Geltung, wenn das ganze Wesen
des Menschen in Gott ruht. Man müßte also hier die persönlichen Eigenschaften von Alois Schmid
schildern, um zeigen zu können, wie seine Natur von innen her vom Hl. Geist erneuert wurde.
Nun ist aber das Licht Gottes so groß und so hell, dass der Mensch, wenn er in dieses Licht
eintaucht, vieles sieht, was ihm vorher verborgen war. Er sieht seine Fehler und Schwächen wie mit
einem ungeheuren Vergrößerungsglas, er sieht die Sorgen und Nöte der Menschen in ihren
Gesichtern und er sieht die Werke des Bösen und auch ihn selbst.
Die Folge davon ist, dass ein nie endendes Gespräch mit dem Hl. Geist beginnt. Denn der Mensch
wird jetzt das Werkzeug des Hl., Geistes, das in die Dunkelheit gehen muß und die Taten Gottes zu
tun hat. Alois Schmid ist zu den Nöten und Krankheiten gesandt worden, zu denen des Leibes und
noch mehr zu denen der-Seele. Und wer im Hl. Geist aufgeht und untergeht, der nimmt innerlich die
Gestalt Christi an, der immer auch die Gestalt des Schmerzensmannes ist. Damit nimmt er teil am
Werk des Erlösers, an der Erfolglosigkeit des Erlösers, an der Verfolgung des Erlösers und an der
Glorie des Erlösers.
Und auch er hat einige Getreue, die seinen Weg begleiten, er hat solche, die ihn ein wenig trösten
können und solche, die sein Wort aufnehmen und Frucht bringen.
Und nun beginnt die große Sicht der Kirche. Im Licht des Hl.
Geistes sieht er das Werk Christi - seine Kirche - leuchten. Und in Liebe zu dieser Kirche beginnt
sein Wirken und führt ihn hin in das innerste Geheimnis dieser Kirche.
3. Der Priester:
Er sieht jetzt, was der Priester ist. Er sieht die ganze Fülle Christi im Priester lebendig werden. (Hier
müßte man jetzt ausführlich das Bild des Priesters schildern, so wie Alois Schmid es gesehen hat.)
Er versucht es, denen zu sagen, die selbst Priester sind, aber noch außerhalb des Lichtes stehen.
Er könnte sie hinführen zum echten Priestertum. Er kennt den Weg und er kennt die Größe und das
innerste Wesen des Priesters. Er kennt sie nicht nur, er sieht sie und er sieht in der Person, der er
begegnet, den Priester und die ganze Gestalt Christi in ihm.
Und nun gibt es viele, die sich helfen lassen. Viele lassen sich einkleines oder größeres Stück weit
führen. Für viele beginnt ein neues Leben oder auch das Leben selbst erst richtig nach der
Begegnung mit dem Sehenden. So geschieht das Ungeheuere, dass der Laie voll Staunen
hinaufschaut zum Priester und diesen besser erkennt als er sich selbst.
Und der Laie muß nun dem Priester sagen, was er zu tun hat, sowie der Prophet vor den König
hintreten muß und ihm sagen, er soll tun, was des Königs ist. Und es gibt viele, die sich dieses Wort
sagen lassen und viele, die nicht verstehen können, dass ein Laie eine derartige Sendung haben
könnte.
Und nun beginnt etwas zu leuchten, was im Verständnis des Priesters und der Kirche
eingeschlossen ist: Das Sakrament. Der Priester ist am engsten mit dem Heiligen Sakrament
verbunden. (Auch hier müßte eine ausführliche Darstellung dessen kommen, was Alois Schmid über
Kirche, Eucharistie und die Sakramente gesagt hat.)
Der Hl. Geist führt zuerst zur Kirche und zur Taufe in diese Kirche hinein. In dieser Kirche begegnet
er in besonderer Weise Christus und in der Hl. Eucharistie findet er das Geheimnis Christi, sein
Leben und seine Erlösung.
Alois Schmid zeigt klar, dass nicht Streitereien um Äußerlichkeiten - so wie heute - zum wirklichen
Verständnis des Priestertums hinführen, sondern nur der Weg, den der Hl. Geist führt. Als Laie tut er
die Werke des Geistes, er will hinführen zum Priestertum. Fast will es scheinen, er öffnet eine
zugeschlagene Tür. Man darf nicht an dieser Tür vorbei das Priestertum suchen, man muß sie
öffnen.
Viele Priester sehen durch ihn ihre Berufung und sie erkennen zum ersten Mal, was sie geworden
sind und welchen Weg sie einschlagen sollen. Für viele ist das die glücklichste Stunde ihres Lebens
und sie kommen immer wieder, um ihn zu sehen, zu fragen und um sich Kraft geben zu lassen. Er
aber verneigt sich sehr tief vor ihnen, weil er immer wieder erschüttert ist von dem Geheimnis des
Priesters, das sich ihm zeigt.
4. Der Gehorsam
Wer im Hl. Geist lebt, der tut die Werke des Geistes. Das ist Gehorsam. Es ist Einssein mit dem
Willen des Geistes. Der Mensch erfüllt dann nicht nur die Gebote Gottes, sondern den vollen Sinn
der Gebote. Der Hl. Geist verlangt nicht nur Gehorsam, er führte ein in den Sinn dessen, was er
verlangt. Wer nur sich selbst verwirklichen will, hat nichts davon verstanden. Denn der Geist
verwirklicht die Persönlichkeit des Menschen, indem er ihn zu dem hin erneuert, was er eigentlich
sein sollte und wozu er erschaffen wurde.
Der Mensch, der nur aus sich selbst handeln will, zerstört sich selbst und andere und geht immer
tiefer in die Dunkelheit. Nur der Hl. Geist führt den Menschen zu dem Bild Gottes, als das er
geschaffen wurde, weil der Hl. Geist ständig dieses Bild vor Augen hat und jede der tausend Gaben
und Anlagen kennt, die im Menschen gebildet wurden und 'sich entfalten sollen. Er führt zurück zum
Paradies, zur paradiesischen Form des Menschen.
Ein Karl Marx und sein Kommunismus haben davon nichts gewußt und heute sehen wir, wohin sie
die Menschheit geführt haben und es ist zu hoffen, dass die Umkehr von Marx `nicht halbherzig
geschieht, sondern ganz, d.h. zu dem Menschenbild, das wirklich ins Paradies zurückführt, nämlich
zum eigentlichen Bild des Menschen.
Alois Schmid hat in die Schöpfung des Menschen hineingesehen. Manche Menschen hat er in
besonderer Weise gedeutet. Das Wort des großen Philosophen Sokrates: "Erkenne dich selbst!"
wird hier in besonderer Weise verständlich. Er hat die Menschen erkannt und er hat ihnen ihre
Deutung gegeben und nun konnten sie auch sich selbst erkennen. Er hat Aufschlüsse gegeben über
das Geheimnis der Vererbung und hat jeweils erklärt, welche Anlagen in der eigenen Person von
welchen Vorfahren stammen. Gerade das aber hat viel Staunen hervorgerufen.
Wenn wir heute über Darwin nachdenken und seine Theorien verbreiten, dann sollten wir auch über
de Gedanken Gottes bei der Schöpfung nachdenken und über die Hand Gottes, die neben dem
Menschen und vor allem im Menschen ständig weiterwirkt.
Wissenswertes:
Vortrag von Dr. Josef Ruf